Haushaltsrede Stadtrat 2024

26. Juni 2024

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren des Stadtrats und der Stadtverwaltung,
liebe Bürgerinnen und Bürger,

zunächst möchte ich mich meinen Vorrednern anschließen und der Stadtverwaltung für ihre kontinuierliche und verlässliche Arbeit in schweren Zeiten ein Lob aussprechen. Das ist an der Stelle mehr als gerechtfertigt.
Namentlich erwähnen möchte ich unseren neuen Bürgermeister Jan Marberg, der sich in sehr kurzer Zeit in den Haushalt hat einarbeiten müssen, uns aber völlig sicher durch die Haushaltsberatung geführt hat und ganz besonders natürlich unseren Kämmerer Herrn Popp mit seinem Team, der sicher keine einfache Rolle hatte und uns am Ende doch, denke ich, zu einem guten Kompromiss gebracht hat.

Vorweg: Warum die finanzielle Situation überhaupt so schlecht ist, liegt nach unserer
Analyse vorrangig daran, dass wir als Mittelzentrum viele Aufgaben haben, die eine
Gemeinde mit gleichviel Einwohnern, Gewerbesteuerzahlern usw., die aber im Speckgürtel einer größeren Stadt liegt, überhaupt nicht hat.
Das ist also ein strukturelles Problem. Das nicht nicht unser Verschulden. Man kann insofern nicht sagen, dass wir in der Vergangenheit etwas falsch gemacht haben – weder in der Personalpolitik, noch was unsere freiwilligen Ausgaben angeht.

Diese Aufgabenverteilung haben wir nicht in der Hand, aber es darf uns durchaus bewusst sein, dass die Situation nicht unser Verschulden ist.

Ich möchte zum Haushalt noch drei Gedanken neu einbringen:

  1. Ein neuer Blick auf die freiwilligen Leistungen
  2. Ein realisti scher Blick auf unsere Zahlen: IST und SOLL
  3. Ein Blick in die Zukunft : Wo soll es hingehen?

1. Freiwillige Leistungen

Die Situation ist sehr schwierig und wird immer schwieriger, deswegen ist völlig klar, dass die freiwilligen Haushaltsposten unter Druck stehen. Aber wenn schon Einsparungen sein müssen, dann bitte mit Maß und Ziel. Ich möchte mich beispielsweise nicht dem Vorschlag der CSU-Fraktion anschließen frei werdende Stellen nicht neu zu besetzen.
Aber auch, was die freiwilligen Leistungen angeht, haben wir uns in der Vergangenheit schon keinen Luxus geleistet.

Ohne mein Lob zu schmälern, Herr Popp, habe ich mich schon etwas gewundert, in der Zeitung lesen zu müssen, dass Sie über die Stadtratsfraktionen enttäuscht waren. Zum einen ist der Stadtrat das Kontroll- und Entscheidungsgremium der Stadt und nicht die oberste Sachbearbeitung.
Die Frage nach Vorschlägen zum Sparen ist legitim, aber die Aufgabenverteilung ist einfach eine andere. Der Stadtrat, erlauben Sie mir das Wortspiel, hat sogar die freiwilligen Aufgaben als Pflicht!

Sobald wir nur noch Pflichtaufgaben erfüllen, sind wir hier überflüssig. Die gesetzlich erforderlichen Beschlüsse des Stadtrates kann das Landratsamt notfalls alle ersetzen, falls wir sie nicht treffen oder dagegen stimmen. Die freiwilligen Leistungen, die hier unsere Stadt lebenswert machen, können aber nur wir beschließen und dafür müssen wir uns einsetzen.

Zum anderen hat dieser Stadtrat hat nicht nur den Vorschlag gemacht, sondern bereits im Vorgriff auf den Haushalt beschlossen, die größte Einsparung bei den freiwilligen
Leistungen vorzunehmen, die – nach meiner Recherche – jemals in Bad Brückenau gemacht wurde.

Und zwar spreche ich dabei über die nächtliche Abschaltung der Straßenbeleuchtung. Dieser Schritt ist uns nicht leicht gefallen, aber wir werden allein durch diesen Beschluss mehr einsparen, als wir insgesamt in Soziales und Kulturelles und Sportlichen freiwillig investieren.

Mich hat tatsächlich die Bereitschaft des Stadtrates – und zwar über alle Fraktionen hinweg – positiv überrascht, diesen Schritt mit zu gehen. Daher hat das Vorgehen des Stadtrates hinsichtlich der Haushaltskonsolidierung wirklich Lob verdient und keine Kritik, gerade was die freiwilligen Leistungen betrifft – zumindest in diesem Haushaltsjahr.
Darüber hinaus möchte ich erwähnen, dass wir bei den verbleibenden freiwilligen Leistungen einen sehr langen „Hebel“ ansetzen: Mit den Euros, die wir in Vereine und ehrenamtliche Tätigkeiten stecken, generieren wir ein Vielfaches an Nutzen für die Stadt – vielleicht nicht immer an Geldwert, aber sicher an Lebensqualität in Bad Brückenau.

Was davon einmal weg ist, ist schwer wieder zu bekommen. Man muss nicht Keynesianer sein, um zu akzeptieren, dass die öffentliche Hand gerade auch in finanziell schwierigen Zeiten gewisse Investitionen tätigen muss.

2. Ein realistischer Blick auf unsere Zahlen: IST und SOLL

Ja, mich erschreckt es auch, wie schnell wir auf die Zahlungsunfähigkeit „zuzuschlittern“ scheinen. Aber: Der Haushalt ist das SOLL.

Wir müssen unsere Entscheidungen aber doch bitte am IST orientieren und das sind die Jahresabschlüsse bzw. die Nachberechnungen am Ende des Haushaltsjahres.

Wie viel Kredit haben wir wirklich aufgenommen? Nicht: Wie viel haben wir eingeplant. Wie viel haben wir wirklich ausgegeben? Nicht: Wie viel haben wir eingeplant.
Das möchte ich an einem kleinen Beispiel ausführen, über das wir gerade schon gesprochen haben:
Die Garage am Schulzentrum. Was haben wir eingestellt: 40000 EUR, um dort das neue Dach hinzustellen. Das steht im Haushalt, nun weiß aber jeder von uns, dass im Schulzentrum 2/3 der Kosten durch den Landkreis getragen werden. Dann geht noch die zu erwartende Förderung ab.

In der laufenden Verwaltungstätigkeit macht das nicht viel aus, aber bei den Investi tionen ist das ja fast bei jeder einzelnen Investition so, dass wir mehr einstellen – und zwar nicht, weil wir Quatsch machen, sondern weil wir mehr im Haushalt einstellen müssen, als wir am Ende verausgaben werden. Deswegen wird die schlechte Entwicklung, die sich im Haushalt abzeichnet, nicht oder zumindest sicher nicht in dieser Geschwindigkeit eintreffen.

Die Forderung jetzt alle Leistungen herunterzufahren kann man – wenn überhaupt – nicht aus dem SOLL ableiten, sondern höchstens aus dem IST und das sieht lange nicht so schlecht aus!

3. Wo wollen wir in der Zukunft hin?

Wie kann man mit der Situation umgehen? Wenn es wirklich so ist, – und da habe ich
großes Vertrauen in die Prognose der Kämmerei – dass die Situation zukünftig schwieriger wird – und zwar sowohl im SOLL als auch im IST, dann müssen wir jetzt etwas tun!

Aber: Wenn ich ein Millionenloch sehe, dann ist dieses Millionenloch nicht damit zu schließen, dass wir die Gebühren irgendwo um 8 EUR erhöhen und auch nicht damit, dass wir an kleinen Positionen sparen, sondern dann müssen wir größer denken!

Viel größer denken kann man aber nicht mehr auf der Ausgabenseite, denn da ist nicht mehr viel „Luft “ drinnen. Dinge wie ein Elektroauto im Haushalt, dass wir zehn Jahre
drinnen stehen hatten aber nie gekauft haben, sind ja schon raus. Wir haben keine Luftnummern im Haushalt.

Wir müssen daher auf der Einnahmenseite arbeiten. Dort kann man auch klein anfagen, z. B. mit einer kleinen Solaranlage auf einem öffentlichen Gebäude.
Am Ende müssen wir aber auch dort den großen Wurf wagen, der sich im siebenstelligen Bereich bewegt. Da wird auch ein Verkauf von Gebäuden oder auch eine Personaleinsparung von einer Stelle hier oder da nicht den gewünschten Effekt erzielen.

Ich sehe da im Moment nur den Punkt Energie. Da ist es uns erlaubt, zu investieren und Rendite zu erwirtschaften. Es gibt entsprechende Möglichkeiten. Und damit ist nachweislich Geld zu verdienen – dafür muss man nur einmal in umliegende Kommunen schauen, die das aktuell besser machen als wir.

Die Fianzierung der Stadt auf der Einnahmenseite nachhaltig zu verbessern muss unser Ziel sein und darauf müssen wir in der Zukunft die Priorität legen und nicht darauf, noch das letzte Prozent aus den Ausgaben herauszudrücken.

Fazit

Es ist ein schwieriger Haushalt und sicher nicht in allen Punkten zufriedenstellend. Jeder hat sicher den ein oder anderen Wunsch, der damit nicht erüllt ist. Ich danke trotzdem nochmals Herrn Popp und seinem Team, dass uns damit ein Kompromiss gelungen ist, mit dem wir vorerst gut leben können.
Die Stadt ist handlingsfähig.

Es ist aber auch ein Haushalt, der die großen Probleme nicht – oder noch nicht – angeht.
Wir werden da ran müssen, daher zum Schluss mein Plädoyer: Nach dem Haushalt ist vor dem Haushalt! Wir sind jetzt im Juni und es ist sowieso schon (zu) spät für 2024.

Wir haben große Aufgaben vor uns! Lassen Sie uns uns nicht zu lange warten mit dem Haushalt 2025 – gerade dann, wenn wir klotzen und nicht kleckern wollen, d.h. nachhaltige Verbesserungen erzielen wollen.

Die SPD-Fraktion stimmt dem Haushalt geschlossen zu. Wir hoffen, dass es damit gelingen wird, zumindest kurzfristig auch das ein oder andere Projekt vorwärts zu bringen, auf das viele Bürgerinnen und Bürger schon warten. Ich freue mich darauf, das umgesetzt zu sehen, was wir heute beschließen.

für die SPD Fraktion: David Fronczek, stellv. Fraktionsvorsitzender

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